Nichteinsatzzeiten auf Kosten von Leiharbeitnehmern?

Die unternehmerische Situation kann es erfordern, dass kurzfristig mehr Personal eingesetzt wird. Statt eigene Mitarbeiter einzustellen – das Einstellungserfahren kann Wochen oder Monate dauern -, können Unternehmen auf Leihpersonal zurückgreifen. Wenn man so will, mieten sie sich für eine gewisse Zeit Arbeitskräfte bei einer Leiharbeitsfirma (auch Zeitarbeit genannt). Die Unternehmen sind dann auch flexibler, wenn es darum geht, die Kräfte schnell “abzubestellen”, wenn wieder weniger zu tun ist.

Es ist dann Aufgabe der Leiharbeitsfirma als Arbeitgeberin, nach anderen Einsatzmöglichkeiten für den Leiharbeitnehmer zu sorgen. Wenn das kurzfristig nicht gelingt und der Arbeitnehmer nicht bei einem anderen Einsatzbetrieb beschäftigt werden kann, wird er in der Regel bezahlt freigestellt.

So weit, so korrekt!

Was dann in der Praxis häufig passiert, ist weniger schön und bringt die gesamte Leiharbeitsbranche in Verruf: Viele Leiharbeitgeber verrechnen die Nichteinsatzzeiten kurzerhand mit den vom Arbeitnehmer angehäuften Plusstunden auf dem Arbeitszeitkonto. Diese Praxis wurde bereits mehrfach von den Gerichten als unzulässig festgestellt, zuletzt etwa vom Landesarbeitsgericht Hamm im Urteil vom 22.01.2020 (6 Sa 1023/19).

1. Die einseitig durch den Arbeitgeber erfolgende Anrechnung von Arbeitszeitguthaben während der Nichteinsatzzeiten von Zeitarbeitnehmern verstößt gegen § 11 Abs. 4, S. 2 AÜG.

2. Die einvernehmlich vereinbarte Anrechnung von Arbeitszeitguthaben während der Nichteinsatzzeiten von Zeitarbeitnehmern verstößt nur dann nicht gegen § 11 Abs. 4, S. 2 AÜG, wenn objektive Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Zeitarbeitnehmer am Abbau seiner Plusstunden durch Freizeitausgleich gerade während der Nichteinsatzzeit interessiert ist. (amtl. Leitsätze)

Nun, das ist auch den “schwarzen Schafen” in der Leiharbeitsbranche bekannt. Sie behelfen sich häufig damit, dass sie den betroffenen Arbeitnehmern einen schriftlichen Antrag auf Urlaub oder Freizeitausgleich zur Unterschrift vorlegen. Leider machen viele Leiharbeitnehmer das Spiel an dieser Stelle mit, weil sie darin kein verwerfliches Verhalten des Arbeitgebers erkennen. Arbeitnehmer müssten aber wissen, dass der (Leih-) Arbeitgeber bei Nichteinsatzzeiten nach den Regeln des Annahmeverzugs (§ 615 BGB) zur Zahlung des Gehalts verpflichtet ist, ohne dass der Arbeitnehmer nacharbeiten muss oder auf seine Plusstunden zugreifen braucht.